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Pressemitteilungen
Gesundheit
| 11. Oktober 2021

Interview mit Chefarzt Dr. Al-Khatib

vom Bezirksklinikum Obermain

 

Interview zum Thema Psychische Gesundheit mit Chefarzt Dr. Al-Khatib

Depressionen sind gut behandelbar. Chefarzt Dr. Al-Khatib mit dem Gemälde einer an Depressionen leidenden Patientin, das in der Ergotherapie der Klinik entstanden ist. (Foto: GeBO)

Europäischer Depressionstag am 4. Oktober und Woche der seelischen Gesundheit vom8. bis 18. Oktober 2021, das Thema „Psychische Gesundheit“ hat Hochkonjunktur: Ganzjährig, aber auch und gerade zu speziellen Anlässen wie Gesundheitstagen. Und nicht nur in den Medien, sondern vielmehr ganz konkret im Leben eines jeden Menschen. Denn psychische Erkrankungen nehmen zu. Das wissen die Krankenkassen und auch die Deutsche Rentenversicherung, gerade wenn es um Arbeitsunfähigkeitsgründe oder Frühverrentungen geht. Im AOK-Fehlzeitenreport für das Jahr 2019 haben zum ersten Mal psychische Erkrankungen den zweiten Platz in der Arbeitsunfähigkeitsstatistik eingenommen. Schätzungsweise 16 bis 20 von 100 Menschen erkranken irgendwann in ihrem Leben mindestens einmal an einer Depression oder einer depressiven Verstimmung, so das Bundesgesundheitsministerium. Wir sprachen mit Dr. Nedal Al-Khatib, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Bezirksklinikum Obermain über Ursachen und Wege aus der Krankheit.

Freudlos, kraftlos, ausweglos: Die Volkskrankheit Depression kann jeden treffen. Was kann zu einer Depression führen und wie zeigt sich diese spezielle seelische Erkrankung?

Al-Khatib: Es gibt nicht die eine Depression. Depression ist eine sehr komplexe psychische Störung, die individuell betrachtet werden muss. Insofern können auch die Auslöser sehr unterschiedlich sein.  Die Palette ist breit: Von der permanenten Arbeitsüberlastung bis zum traumatischen Ereignis wie dem Verlust eines Menschen gibt es sehr viele unterschiedliche Auslöser und Ursachen, die in eine Depression münden können. Natürlich kann auch eine genetische Veranlagung bestehen, die das Risiko erhöht, eine Depression zu entwickeln. Klassische Symptome, wie sie auch die Weltgesundheitsorganisation WHO festgelegt hat, sind Antriebsarmut, Interessen- und Freudlosigkeit bis hin zu lebensmüden Gedanken. Dabei handelt es sich eben nicht um ein kurzfristiges Stimmungstief. Das Besondere dabei ist, dass dieser Zustand nicht vorübergeht, sondern lange anhalten kann. Patienten fühlen sich dann oft wie eingemauert.

Der Begriff „Burnout“ ist seit einigen Jahren speziell unter Laien in Mode gekommen.

Al-Khatib: Dieser Begriff ist nur wenige Jahrzehnte alt und nahm seinen Ursprung bei helfenden Berufen.  Unabhängig davon lässt sich „Burnout“ natürlich leichter über die Lippen bringen: „Burnout“ vermittelt, dass der Betroffene in unserer am Leistungsprinzip orientierten Gesellschaft so viel geleistet hat, dass er nun ausgebrannt ist und nicht mehr kann. Das hat im sozialen Umfeld, aber auch für den Betroffenen selbst und trotz all der Tragik fast einen gewissen charmanten Touch. Wenn man sich „Depression“ und „Burnout“ anschaut, wird man erkennen, dass die symptomatische Endstrecke bei beiden die gleiche ist und sich in großem menschlichen Leid ausdrückt. Einen „Burnout“ bewertet man in der Medizin generell als depressive Entwicklung.

Welche Therapieoptionen gibt es bei Depressionen?

Al-Khatib: Da gibt es eine große Bandbreite. Auch bei Depressionen gilt, dass Früherkennung und frühzeitige Behandlung wichtig sind, um den Teufelskreislauf zu durchbrechen. Psychotherapeutische Gespräche, als Einzelperson oder in der Gruppe, sind überaus hilfreich. Diese können bereits ambulant erfolgen. Darüber gibt es außerklinisch auch Selbsthilfegruppen, die sehr gute Arbeit machen. Psychotherapie findet natürlich auch stationär in der Klinik statt. Das Besondere dabei ist, dass im klinischen Umfeld verschiedene Berufsgruppen beteiligt sind und sich ergänzen, wie Ergotherapeuten, Pflegefachkräfte, Ärzte, Psychologen und Sozialarbeiter. Es kann auch sein, dass man nicht umhin kommt, Betroffene medikamentös einzustellen. Vor diesen Medikamenten muss man keine Angst haben. Gemeinsam mit dem Patienten bespricht der behandelnde Arzt die Therapieziele und verschreibt die entsprechenden Medikamente.

Erster medizinischer Ansprechpartner für eine Diagnose und die Veranlassung weiterer Schritte ist in der Regel der Hausarzt, der dann auch gegebenenfalls den Facharzt (Psychiater, Nervenarzt), Psychologen oder eine Klinik einbindet.

Viele Menschen fühlen sich vom Tempo gesellschaftlicher Veränderungen überrollt. Es gibt eine unüberschaubare Vielzahl an Informationsmedien und eine Flut an Informationen, die viele überfordert.

Al-Khatib: In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich die Welt immens verändert. Denken wir an die Digitalisierung, die Entwicklung des Internet, die Bedeutung von Emails, die neuen sozialen Medien und Kanäle und die damit einhergehende Informationsflut. Nicht wenige Menschen - und natürlich auch Berufstätige - sind im schlimmsten Fall 24/7 erreichbar oder stehen zumindest unter dem inoffiziellen Druck, erreichbar zu sein. Dies führt natürlich dazu, dass der Stresspegel bei diesen Menschen von Anfang an höher ist. Im Urlaub seine Emails checken, das gab es früher gar nicht. Da haben sich Grenzen massiv verschoben. Zudem ist es in der Leistungsgesellschaft sozial erwünscht,  mitzumachen, seinen Mann oder seine Frau zu stehen und sich nicht als überlastet zu outen.  Der gefühlte Druck erhöht sich in diesem Bereich noch weiter, wenn ältere Arbeitnehmer mit 20 Jahre jüngeren Menschen verglichen werden. Und natürlich können ständige Überforderungen zu psychischen Erkrankungen, auch Angsterkrankungen führen. Die Folgen dieser gesellschaftlichen Entwicklung sehen dann niedergelassene Ärzte und Kliniken.

Anfang Oktober, also gerade zu Beginn der sonnenlichtarmen Jahreszeit, sind mehrere Kalendertage der seelischen Gesundheit gewidmet.

Al-Khatib: Sonnenlicht, in Maßen genossen, hat eine die Gesundheit erhaltende Bedeutung. Es gibt sogar eine Unterform der Depression, die sich speziell in den lichtarmen Kalendermonaten und damit saisonal zeigt und die man durch Lichtexposition vor einer speziellen Lichtquelle deutlich lindern kann. Wenn die Tage kürzer werden, kann Lichtarmut allgemein bei melancholischen Menschen die Symptomatik verstärken.

Was können Sie Menschen empfehlen, die sich präventiv vor seelischen Erkrankungen schützen wollen?

Al-Khatib: Körperliche Bewegung, sich in der Natur aufhalten, soziale Kontakte pflegen, all das erhält unser seelisches Gleichgewicht und stärkt unsere Widerstandskraft, wenn wir im Leben Täler durchschreiten.


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